Seminar – Lion Feuchtwanger
„In Moskau wurde ich so triumphal empfangen,
dass es schwer fällt, nicht größenwahnsinnig zu werden“

„Wenn ich an Russland denke, dann denke ich an das, was ich bei Turgenjew gelesen habe.“
Herbert Wells

„Reich der Vernunft“ – Eine Reise, die zum Irrtum wurde

Er war weder naiv noch Opfer sowjetischer Propaganda. Ende des Jahres 1936 – Lion Feuchtwanger wird als Ehrengast des sowjetischen Schriftstellerverbandes  für 2 Monate nach Moskau eingeladen, um die Verdienste von Stalin nach allen Regelnd der Kunst zu preisen und zu huldigen. In Moskau wird er bereits als einen den bedeutendsten internationalen Schriftsteller der Welt gefeiert – auf einmal hat man in der Sowjetunion angefangen, ihm Honorare zu zahlen und ihn im großen Stil zu übersetzen.

Aus diesen Gründen lobte er also lobte in den höchsten Tönen  die Lebensverhältnisse in der Sowjetunion, deren Sprache er nicht verstand und von der er fast nichts außer der Hauptstadt zu sehen bekam. Er wird mit allen Ehren empfangen, besuchte Theater, Kino und Oper, traf sich mit Schriftstellern und Filmemachern, gab zahllose Interviews, hielt Vorträge, absolviert ein Programm mit Lesungen, wo er aus seinen Büchern las und suchte das Gespräch mit seinen sowjetischen Lesern  –  ein „Spontaner“ Beifall des Publikums begleitet seine Auftritte bei Empfängen und Theaterbesuchen.

„Es ist alles weit, groß und ungeheuer jung. Ich bin tief überzeugt, dass hier die Zukunft liegt, und zwar die nahe Zukunft, vor allem für den Schriftsteller. Ich vermeide absichtlich pathetische Worte, aber es fällt mir nicht ganz leicht.“ – Lion Feuchtwanger

„Moskau 1937. Ein Reisebericht für meine Freunde“

In Moskau war man deshalb mit Feuchtwangers „Büchlein“ zufrieden – Feuchtwangers Bericht wurde sofort ins Russische übersetzt und in einer riesigen Auflage von 200.000 Exemplaren herausgebracht.

Die gigantischen Baumaßnahmen in Moskau, das gerade im Entstehen war, der Aufbau der Industrie, des Bildungssystems und die kulturellen Aktivitäten haben ihn zu tiefst beeindruckt.

„Moskau 1937“ ist ein euphorisches Bekenntnis zum Experiment, „ein riesiges Reich einzig und allein auf der Basis der Vernunft aufzubauen“.

„Ich sah das grandiose und heroische Bild, wie ein Sechstel des Erdteils sich zu gleicher Zeit gegen verwilderte und grausame Gegner wappnet und Riesengebäude des Triumphes der Vernunft aufführt. Dieses einzig dastehende heroische Bild – das wertvollste Geschenk, welches ich aus der Sowjetunion für mein ganzes weiteres Leben mitnehme.“ – Lion Feuchtwanger

„Es ist nicht schwer, die Sowjetunion zu kritisieren, umso mehr, als sie den Gotteslästerern eine wohlwollende Anerkennung verschafft. Es gibt externe und interne Probleme in der Sowjetunion; sie sind nicht versteckt und leicht zu erkennen. Wer aber die Mängel der Union hervorhebt und das Große, was dort zu sehen ist, nur in einer Fußnote erwähnt, legt Zeugnis ab mehr gegen sich selbst als gegen die Union.“Lion Feuchtwanger