Vortrag – Kiewer Rus
„Kiew – Mutter aller russischen Städte“
„Nichts bildet so sehr wie Reisen.“
Emile Zola
Anfang des 12. Jh. schrieb der geheimnisvolle Mönch Nestor im Höhlenkloster zu Kiew seine „Erzählungen von den vergangenen Jahren“. Schon im ersten Satz erklärt er:
„Hier ist die Geschichte der vergangenen Jahre –
„Im Jahre 6370 [nach byzantinischer Zeitrechnung; entspricht 862 n. Chr.]: Sie verjagten die Waräger über das Meer und gaben ihnen keinen Tribut und begannen, sich selbst zu regieren. Und es gab unter ihnen kein Recht, und Sippe stand auf gegen Sippe, und es waren unter ihnen Fehden, und sie begannen wider einander zu kämpfen. Und sie sprachen zueinander: ‚Wir wollen uns einen Fürsten suchen, der über uns herrsche und gerecht richte.‘ Und sie gingen über das Meer zu den Warägern, zu den Rus, denn so hießen die Waräger ‚Rus‘, wie andere Schweden heißen, andere Norweger und Angeln, andere Gotländer: so auch diese.
Und es sprachen die Rus, die Tschuden [entspricht den Esten], Slowenen [gemeint sind die Ilmenslawen], Kriwitschen und Wes: ‚Unser Land ist groß und reich, doch es ist keine Ordnung in ihm; so kommt über uns herrschen und gebieten.‘ Und die drei Brüder wurden erwählt samt ihren Sippen, und sie nahmen alle Rus mit sich und kamen. Rurik, der ältere, ließ sich in Nowgorod nieder, der zweite Sineus am Weißen See (Belo Osero), der dritte Truwor in Isborsk. Und nach diesen Warägern wurde das Land um Nowgorod ‚Rus‘ genannt, und die Nowgoroder sind vom warägischen Geschlecht, früher nämlich waren sie Slowenen.“